Family Offices stoßen an ihre Grenzen, wenn sie ihr Portfolio international diversifizieren wollen. Expertise fehlt nicht nur im eigenen Haus, manchmal auch bei den beratenden Finanzdienstleistern. Ein Gespräch mit Armin Eiche, Mitglied der Geschäftsleitung von Pictet.

Armin Eiche, wie haben sich die Anlagestrategien der großen Vermögensinhaber in den vergangenen 20 Jahren verändert?

Die Historie von Family Offices in Deutschland und Europa reicht nicht so weit zurück. Noch vor 20 Jahren wurde das Vermögen oft aus dem Unternehmen heraus gemanagt, meist von der Finanzabteilung mit ihrem Leiter als Kompetenzträger und langjährigem Vertrauten der Familie. Die Gelder, die nicht wieder in den Unternehmenskreislauf reinvestiert worden sind, wurden in risikoarme, liquide Anleihen investiert. Mit steigendem Vermögen sowie steigender Risikobereitschaft hat man in andere Anlageklassen hinein diversifiziert. Das Management dieser Anlageklassen wurde an Banken ausgelagert. Oftmals basierte die Auswahl der Banken auf den historischen Geschäftsbeziehungen des Firmengeschäfts.

Armin Eiche ist Mitglied der Geschäftsleitung von Pictet & Cie (Europe) SA, Niederlassung Deutschland.

Foto: Pictet

Dann kam die Finanzkrise.

Durch Kapitalvernichtung wurden Kosten- und Effizienzfragen gestellt, und die Unternehmerfamilien entzogen den Banken ihr Vertrauen. Das liquide Vermögen sollte stärker vom Family Office selbst verwaltet werden. Dies gestaltete sich jedoch aufgrund mangelnder Erfahrung und der steigenden Komplexität internationaler Finanzmärkte schwieriger als gedacht. Folglich mussten Kompetenzen für diese Bereiche aufgebaut werden. Die Kosten stiegen stark, gleichzeitig sanken die Renditen des Anleihebereichs. Dieses Problem hält bis heute an.

Wie reagieren Vermögensinhaber auf diese veränderte Kosten- und Renditestruktur?

Wir beobachten drei Trends. Einerseits versuchen sie, ihre Performance zu verbessern. Dazu gehören eine signifikante Erhöhung der illiquiden Assets bis hin zu 60 Prozent des Gesamtvermögens sowie ein Wechsel vom Generalisten- zum Spezialisten-Ansatz. Andererseits sollen die Kosten gesenkt werden, indem einzelne Aufgaben an Dienstleister wie z.B. Banken ausgelagert werden.

Warum weg vom Generalisten-Ansatz?

Weil er nicht zu den Anforderungen einer komplexen, globalen und schnelllebigen Welt passt. Märkte, in denen durch aktives Management Alpha, also Überrendite gegenüber der Benchmark, generiert werden kann, sind schwankungsintensiv und weniger transparent. Beispielsweise ist China auf dem Weg zum Technologieführer. Lediglich die USA werden in Zukunft dank ihrer Innovationskraft ein ernstzunehmendes Gegengewicht darstellen. Banken oder Finanzdienstleister ohne Präsenz in diesen Regionen sind eher nicht in der Lage, diese globalen Trends erfolgreich zu managen, da es essentiell ist, Kultur, Menschen, Stimmungen und den Markt vor Ort zu erleben und zu verstehen. Ferner muss entschieden werden, in welchen Märkten durch aktives Management überhaupt eine Chance besteht, genügend Alpha zu generieren, um einen Mehrwert für den Investor zu schaffen. Sonst kommen verstärkt kosteneffiziente passive Lösungen in Form von ETFs zum Zuge.

Wie unterscheidet sich der Generalisten- vom Spezialisten-Ansatz?

Die Endowment Funds in den USA, also die großen Stiftungen der privaten Universitäten, legen bereits seit Jahren ihr Vermögen nach dem Best-in-Class-Prinzip an. Sie spielen radikal jeden Wirtschaftsraum und suchen global den besten Assetmanager, der nach ihrer Auffassung mit tiefem Einblick in der jeweiligen Region langfristig Überrenditen erwirtschaften kann. Sie versuchen, sich strategisch globaler aufzustellen.

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